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Offener Brief Wohnungsbautag 2025

Wohnraum sichern statt nur neu bauen
A4F Veröffentlichung

Bremen, April 2025

Offener Brief Wohnungsbautag 2025

Wohnraum sichern statt nur neu bauen

Liebe Wohnungsbauverantwortliche,

die Wohnungskrise spitzt sich weiter zu – steigende Mieten belasten Haushalte bis in die Mittelschicht. Studien zeigen, dass diese Entwicklung nicht nur den Zuspruch extremistischer Kräfte erhöht, sondern auch das Wirtschaftswachstum an vielen Stellen hemmt. Und dennoch bleibt die gängige politische Antwort: Mehr Neubau. 

Diese Neubau-Strategie greift jedoch zu kurz und löst das Problem weder nachhaltig noch langfristig.

Die Vorgängerregierung hatte sich das Ziel gesetzt, jährlich 400.000 neue Wohnungen zu bauen – eine Strategie, die in dieser Form nicht nur an den Realitäten des Marktes gescheitert, sondern auch klimapolitisch fatal ist: Neubauziele in dieser Größenordnung verursachen so viel CO₂, dass man damit den gesamten Wohngebäudebestand ein Jahr lang beheizen könnte (Daniel Fuhrhop, 2021). Dabei darf nicht ignoriert werden, dass der Gebäudesektor für ca. 40 % der CO₂-Emissionen und über 90 % des mineralischen, nicht nachwachsenden Ressourcenverbrauchs verantwortlich ist (UBA, 2023). 

Klimaschutz- und Wohnungspolitik müssen endlich zusammen gedacht werden. 

Außerdem darf die Hauptursache der Wohnungskrise nicht länger ausgeblendet werden: Sie ist das Ergebnis jahrzehntelang verfehlter politischer Weichenstellungen:

Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde durch Mietpreisbindungen, die Einführung der Wohngemeinnützigkeit und massive Wohnungsbauprogramme - insbesondere für den Sozialwohnungsbau - der Wohnungsmarkt in Deutschland sozial ausgerichtet. Bis Ende der 1980er konnte auf einen Sozialwohnungsbestand von unglaublichen 4 Millionen Wohneinheiten zurückgegriffen werden.

Doch diese Errungenschaften wurden nach und nach aufgegeben: Mietpreisbindungen wurden bis 1974 schrittweise abgebaut; die Wohngemeinnützigkeit wurde 1990 abgeschafft und damit auf einen Schlag 3,5 Millionen Wohneinheiten kommerzialisiert. Ab 1990 startete zusätzlich eine riesige Privatisierungswelle: Nicht nur im Osten über das Altschuldenhilfegesetz, sondern auch im Westen wurden hunderttausende öffentliche Wohnungen an private Investor:innen verkauft. Steuerreformen in den 2000ern haben zusätzlich Kapitalanlagen in Immobilien besonders begünstigt und Bodenspekulation befeuert. 

Die Einführung der IFRS-Bilanzierungsregeln 2005 hat den Druck auf Immobilienbestände weiter erhöht. Während der Finanzkrise 2008 und den Niedrigzinsphasen wurden Bodenerträge lukrativer als Kapitalerträge. Seitdem steigen die Bodenpreise massiv. Zwischen 2006 und 2019 sank die Zahl der Sozialwohnungen von 2,1 auf 1,1 Millionen. Mietpreise erreichen historisch hohe Niveaus und übersteigen oft die finanziellen Kapazitäten der Bürger:innen.

Politisch wirksame Gegenmaßnahmen auf diese Entwicklung, sowie die Spekulationsdynamik gibt es bis dato nicht.

Was jetzt zu tun ist:

  • Bestehenden Wohnraum und stille Wohnraumreserven nutzen!
    Über 2 Millionen Wohnungen stehen leer – viele aus spekulativen Gründen. Strengere Regeln für Leerstand, Zweckentfremdung und Mehrfachwohnsitze können zeitnah und ohne Investitionsaufwand Entlastung schaffen. Gleichzeitig müssen Wohnungstausch und neue Wohnformen auch als Antwort auf die Veränderungen unserer Gesellschaft ermöglicht und gefördert werden.

  • Umbauen statt abreißen!
    1,2 Millionen zusätzliche Wohnungen könnten durch Aufstockung, Umnutzung und Dachausbau entstehen (BBSR, 2020). Gleichzeitig spart das CO₂ und Ressourcen. Ein UMBaugesetzbuch und eine bundeseinheitliche UMBauordnung muss Sanierung erleichtern.

  • (Um)Bauen vereinfachen! Nicht nur die Anforderungen aus (Bundes-)Gesetzen erschweren das Bauen, auch unzählige Normen, Merkblätter, Stadtbauordnungen, Mangel an Digitalisierung und überbordende Bürokratisierung. Ein Hinzufügen von neuen Gesetzen, anstelle einer Überarbeitung der bestehenden Gesetze für die heutigen Herausforderungen, machen Planung und Bau langwierig und teuer. Gesamtgesellschaftliche Ziele müssen klar definiert und Regeln zu deren Umsetzung und Einhaltung vorgegeben werden. Normen dürfen nicht den Interessen von Verbänden oder Wirtschaftszweigen dienen.  

  • Wohngemeinnützigkeit wieder einführen – aber richtig!
    Dauerhaft bezahlbarer Wohnraum muss aus der Marktlogik herausgelöst werden. Das kann nur gelingen, wenn Wohnungen im großen Stil unter das Dach der Gemeinnützigkeit kommen.

  • Sozialwohnungen sichern!
    Jährlich fallen zehntausende Sozialwohnungen aus der Bindung. Eine Wohnraumstrategie muss sicherstellen, dass geförderter Wohnraum dauerhaft erhalten bleibt und ausgebaut wird. Ansonsten wird das System des Sozialwohnungsbaus für nachfolgende Generationen wieder zur Sackgasse.

  • Wenn Neubau, dann nachhaltig und sozialverträglich für die Stadtgesellschaft! Mit reinem Neubau auf der grünen Wiese, wie es der “Bauturbo” befeuern möchte, ist es nicht getan. (Soziale) Infrastruktur und Stadtgefüge müssen mit bedacht werden. Nachhaltige Stadtentwicklung muss von öffentlicher Hand und unter Beteiligung der Öffentlichkeit geplant werden, so wie in der Neue Leipzig-Charta und den Baukulturelle Leitlinien des Bundes festgehalten. 

Wir können nicht mehr so weiterbauen, als gäbe es kein Morgen. Der Bausektor braucht neue Antworten auf die aktuellen und zukünftigen Herausforderungen. 

Dabei ist die Transformation des Gebäudebestands DIE zentrale Aufgabe! 

Der Großteil des Wohngebäudebestands muss in absehbarer Zeit saniert werden. Nicht nur um die Klimaziele zu erreichen, sondern auch um dem breiten Sanierungsstau zu begegnen, Energiearmut einzudämmen und die Gebäude klimaresilient zu machen.

Der Wohnungsbautag 2025 darf nicht über Neubau sprechen – sondern muss die strukturellen Ursachen der Krise anerkennenden ​​und das Heben der Potentiale des Bestands, sowohl für den Erhalt und die Neu-Schaffung von bezahlbarem Wohnraum als auch gleichzeitig für die Transformation zur Einhaltung der Klimaziele in den Fokus rücken. Die Weichen für eine sozial- und klimagerechte Wohnraumpolitik müssen jetzt gestellt werden.

Gerne bringen wir uns mit unserer Expertise in die Themen ein und stehen für Gespräche dazu bereit.

Herzliche Grüße von Architects for Future Deutschland e.V.

Veröffentlichung Steckbrief
Veröffentlicht am
April 9, 2025
Autor:innen
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