Stellungnahme zum "Bau-Turbo" § 246e BauGB
Bündnis zivilgesellschaftlicher Akteure und Verbände – darunter auch wir als Architects4Future - warnt, dass § 246e BauGB kein Beitrag zur Lösung der Wohnungskrise ist, sondern bestehende Probleme verschärft
Anlässlich der ersten Lesung der Novelle des Baugesetzbuches (BauGB) im DeutschenBundestag am 10. Oktober 2024 fordert ein breites Bündnis zivilgesellschaftlicher Organisationen im Rahmen eines gemeinsamen Appells dieStreichung des § 246e aus dem Gesetzesentwurf. Der geplante § 246e soll weitreichende Abweichungen von bestehenden Vorschriften ermöglichen, um den Wohnungsbau in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt zu beschleunigen.
Die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum ist dringend notwendig, muss aber im Einklang mit sozialen Belangen und dem Schutz von Umwelt und Klima erfolgen. Dies erfordert dringende und umfassende Reformen, die soziale, wirtschaftliche und ökologische Aspekte mitdenken – das tut der § 246e BauGB-E nicht. Anstelle des ungeplanten Neubaus auf unversiegelten Flächen sollte der Schwerpunkt auf der nachhaltigenInnenentwicklung, der Sanierung und Umnutzung von Bestandsgebäuden und der intelligenten Nachverdichtung liegen, um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, ohne die Umwelt weiter zu belasten.
Die Hauptkritikpunkte an dem geplanten Paragrafen 246e des BauGB sind:
- Kein Beitrag zur Schaffung von bezahlbarem Wohnraum: §246e enthält keine klaren Vorgaben zur sozialen Wohnraumförderung und erleichtert das Umgehen bestehender Schutzmechanismen.
- Türöffner für Bodenspekulation: Die Regelung begünstigt spekulative Investor*innen und führt zu steigenden Bodenpreisen und Verdrängung, während bezahlbare Wohnprojekte vernachlässigt werden.
- Gefahr für Umwelt und nachhaltige Stadtentwicklung: Der Schutz wertvoller Grün- und Agrarflächen wird geschwächt, was die Zersiedelung vorantreibt und ökologische Ziele gefährdet.
- Angriff auf kommunale Selbstverwaltung: Die Regelung schwächt die Rolle der Kommunen in der Planung und Entscheidungsfindung und könnte zu Entscheidungen führen, die nicht im Interesse der betroffenen Gemeinden sind.
Insgesamt enthält der Kabinettsentwurf der Baugesetzbuchnovelle weitreichende Liberalisierungen innie gekanntem Ausmaß (siehe zum Beispiel § 31, § 34) – ohne etwaige Auflagen zuBauverpflichtungen, anteiliger Umsetzung von sozialem Wohnungsbau oder Infrastrukturausgleich. Der Verdacht liegt nahe, dass hier Klientelpolitik für die Finanz- und Immobilienlobby betrieben wird. Nachhaltige Stadtentwicklung, die Lösung der Wohnungskrise und die angekündigte Umsetzung der Neuen LeipzigCharta sehen leider anders aus. Auch die Deutsche Akademie für Städtebau undLandesplanung hat in einem Appell gefordert „Baugesetzbuch neu auflegen!“.
Insgesamt lässt sich die Stimmung unter Fachplanungsverbänden wohl so zusammenfassen: Wir brauchen eine Baugesetzbuchnovelle, aber nicht diese und nicht so.